[Lika_k]

Ingeborg Bachmann
Gedichte 1945-1956
Noch fürcht ich, dich mit dem Garn meines Atems zu binden,
dich zu gewanden mit den blauen Fahnen des Traums,
an den Nebeltoren meines finsteren Schlosses
Fackeln zu brennen, daß du mich fändest...

Noch furcht ich, dich aus schimmernden Tagen zu lösen,
aus dem goldenen Gefälle des Sonnenflusses der Zeit,
wenn über dem schrecklichen Antlitz des Monds
silbrig mein Herz schäumt.

Blick auf und sieh mich nicht an!
Es sinken die Fahnen, verflammt sind die Fackeln,
und der Mond beschreibt seine Bahn.
Es ist Zeit, daß du kommst und mich hältst, heiliger Wahn!

Ingeborg Bachmann
The Collected Poems
Poems 1945-1956
I'm still afraid to snare you with my breath,
drape you with blue banners of the dream,
or outside the misty door of my darkened castle,
burn torches, such that you'd find me...

I'm still afraid to free you from shimmering days,
from golden river bed of time's own river of sun,
fearing my heart would burst silvery above the moon's
own terrible countenance.

Look up and don't look at me!
The banners are sinking, the torches have been extinguished,
the moon follows the course it traces.
It's time you came to seize me, holy madness!

transl. by Peter Filkins

@темы: b, 20, deutsche-oesterreichisch, bachmann, ingeborg